Thema: Schatten der Wälder So Jan 10, 2010 11:53 am
Kapitel 1 Das Tal der hundert Geister
Es war Herbst im Tal der hundert Geister. Die Blätter hatten warme Farben wie rot, gelb oder orange. Baumkronen berührten sich, wenn ein Windstoß kam. Das Gras knirschte, wenn ein Tier auf es trat. Vögel flogen über den Wolken und verschwanden manchmal hinter den Wolken, dann sah man sie wieder. Die Bäume hatten kaum noch Blätter. Unter einer Birke lag ein Wolfsrudel. Die Wölfe faulenzten in den letzten Strahlen der Sonne. Sie geniesten es, denn sie wussten, das im Tal der hundert Geister, dichter Nebel aufkam, wenn Herbst war. Das hecheln der Wölfe war laut, denn man hörte kaum das zwitschern der Vögel. Der Alphawolf, Bato war sein Name, war der einzige der lauschte und das Pack bewachte, während die anderen in der Sonne dösten und laut auf- und abatmeten. In der Ferne vernahm Bato das heulen eines Wolfes. Es klang hoch und traurig. Bato drehte die Ohren. Dann hörte er es wieder. Kitha, die Alphawölfin, erwachte aus ihrem leichten schlaf und blickte zu Bato. Neben Kitha lagen zwei kleine Jungwölfe. Ein Weiblicher und ein Männlicher. Sie waren so groß wie ausgewachsene Jagdhunde. Der Weibliche hieß Sternauge, der Männliche Blakka. Das rascheln der Bäume beunruhigte sie, als ob bald ein Sturm aufkommen würde. Hinter einer Fichte konnten sie schon eine Eule hören. Das heulen des klagenden Wolfes kam wieder. Bato hörte das Heulen des Wolfes klarer und deutlicher als andere Tiere, weil er bis zu 16 Kilometer weit hören kann. Batos Kopf drehte sich zu Kitha. Ihre blauen Augen sahen besorgt aus.
„Ich werde dem Heulen auf den Grund gehen“, jappte Bato und stand auf. Seine blauen Augen funkelten und sein schwarzes Fell wirkte grau in der Sonne. Kithas Kopf senkte sich. „Und wenn es eine Falle ist, von den Blutwölfen? Dann könnten sie dich töten!“, winselte Kitha. Die Blutwölfe waren ein Volk, das alle Rudel auslöschen wollten, um alle Täler für sich zu haben. Eine Maus huschte an den Pfoten von Bato vorbei. Sie fiepte, als ob sie den Wölfen etwas verkündigen will, dann rannte sie wieder davon. „Dann kommt Tokan mit mir!“ Batos Kopf blickte zu einem braunen Wolf der unter der Birke verzweifelt nach Schatten suchte. Es war ungewöhnlich heiß, obwohl Herbst war. Um Tokans linkes Auge, zog sich eine hellrosa Narbe. Tokans linkes Auge zuckte. Bato tappte zu ihm. „Kommst du mit mir, um herauszufinden von wem das heulen kommt?“, fragte Bato. Wieder erklang das heulen des Wolfes. Die Bäume rauschten. Tokans Augen starrten ihn an. Nach kurzer Zeit nickte er. Als die zwei starken Wölfe wegliefen, starrten Kithas Augen ihnen nach. Es soll heißen: „Tschüss ihr beiden, begebt euch in acht!“ Das Gras kitzelte die Beine der Wölfe. Je mehr sie dem heulen folgten, desto unsicherer fühlten sich die Wölfe. Bato hechelte. Die Sonne blendete sie. Tokans bernsteinfarbenen Augen zuckten wieder. Sie hörten immer wieder das klagen des einsamen Wolfes. Die Sonne ging langsam unter. Sie wanderte um andere Täler zu wärmen. Tokans Augen zuckten nun nicht mehr. Je näher sie dem heulen kamen, umso mehr Angst hatten sie. Bato hatte aufgehört zu hecheln. Als sie dem heulen so nahe waren, das sie den Wolf sogar schon witterten konnten, blieb Bato stehen. Seine blauen Augen starrten zu Tokan. Er sollte stehen bleiben. Hinter einer Fichte lag ein grauer, junger Wolf. Die Augen waren halb verschlossen, seine Zähne gefletscht und seine Beine zuckten hin und wieder. Ein Huftritt war auf den Rippen des Wolfes abgebildet, wohlmöglich hatte er sich einige Rippen gebrochen. Tokan und Bato versteckten sich hinter der Fichte. Der verletzte Wolf hatte einen tiefen, großen Kratzer auf seinem linken Oberschenkel. Stöhnend hörte er auf zu heulen. Langsam zog er seine Zunge über sein Bein und säuberte die Wunde. Er hatte kaum mehr Kraft mehr und ließ sich wieder nieder. Sein trauriger Blick verriet, dass er bald sterben wird. Man hörte schon mehr Nachtvögel singen. Der Wolf vernahm zwar den Geruch der beiden Wölfe aber er konnte sich kaum mehr bewegen. Tokan schielte zu Bato. Tokans ernster blick fragte, ob sie zu ihn gehen sollten, oder nicht. Bato nickte. Seine Pfoten tappten Schritt für Schritt zum Wolf. Tokan schlich hinterher. Immer näher kamen sie dem Wolf. Der verletzte Wolf wollte knurren, doch seine Lefzen wollten seine Zähne nicht zeigen. Er war zu schwach dazu. „Wir wollen dir helfen, Fremder!“, bellte Bato und stupste ihn mit der Nase. Er nahm den Geruch von Blut auf. Auch Tokan kam der Geruch von Blut in seine Nase. Der Wolf tat sich schwer, den Kopf zu heben und blieb liegen. Die zwei Wölfe bemerkten die riesige Bisswunde auf seiner Kehle. „Wie heißt du, Fremder Wolf?“, fragte Tokan und senkte den Kopf zum Wolf. Bato sah in die Augen des Wolfes und schaute ihn ein wenig grimmig an. „Ich bin Tekor, der Wolf aus dem Osten, aus dem Tal der grünen Wälder. Ich wurde ausgestoßen und nun ziehe ich von Tal zu Tal. Aber das ist vorüber“, röchelte er schwach. Der Himmel wurde blass und blutleer. „Wir sind Tokan“, Batos Blick wanderte zu Tokan „und Bato.“ Tekor schielte zu Tokan. Tokans linkes Auge zuckte wieder. „Warum bist du verletzt? Waren es Huftiere? Oder waren es Blutwölfe, die Wölfe mit den schwarzen Hufen?“ Die Blutwölfe hatten tatsächlich Hufe statt ihren leisen Pfoten und waren von weitem hörbar, wenn sie kamen. „Blutwölfe“, schnaufte Tekor. Tokan begann dem Wolf die Wunden zu lecken. Die Sonne verschwand. Der Himmel war dunkelblau geworden. Am Himmel sah man klar und deutlich den Mond. Er bog sich wie eine Kralle oder ein Horn. Kauze und Eulen stimmten ihr „SchuSchu“ an. „Blutwölfe in unserem Tal?“, knurrte Bato und hob ein Bein. Mit einem kräftigen Schlag stampfte er den Fuß wieder auf den Boden. Seine Lefzen waren hochgezogen und er wirkte, als ob er gleich angreifen würde. Tekor zog den Schwanz ein. Hilflos winselte er am Boden und kläffte hin und wieder mal an. Er dachte er würde ihn gleich angreifen. Tokan war unbeeindruckt und starrte zum winselnden Wolf herab. Seine unheimlichen Augen leuchteten ein wenig in der fast stillen Nacht. Bato hörte auf zu knurren. Seine Lefzen senkten sich. Sein Blick sagte: Tut mir Leid. Tekor beruhigte sich. „Ich gebe zu, ich war ein wenig schuld an dem ganzen“, winselte Tekor. Bato horchte. Das fiepen einer Maus ertönte. Tokan kam näher. „Sie verfolgten mich und ich kam in euer Tal. Ich dachte es wäre verlassen, deswegen lockte ich sie her und bellte immer wieder, damit sie mich verfolgten. Ich dachte sie bekommen mich nicht, aber da habe ich falsch gedacht“, jaulte Tekor und senkte den Kopf traurig „Als ich dachte ich habe sie abgeschüttelt, raste ein Blutwolf auf mich zu. Er schlug mit seinen Hufen gegen meine Rippen. Winselnd raffte ich mich wieder auf, aber ein anderer verbiss sich in meinen Oberschenkel mit nur einem Fangzahn, der andere war ausgefallen. Das letzte mal rappelte ich mich auf, versuchte zu flüchten, stolperte und dann kam er.“ Tokan und Bato hielten inne. „Rothuf. Seine roten Augen lähmten mich und seine roten Hufe flammten. Er biss mich in die Kehle und ließ mich hier liegen, Schmerz ist schlimmer als Tot!“ Tekors Atemzüge verlangsamten sich und wurden schwerer. Tokan sah ihn verbittert an. Tekor sah es nicht. Seine Augen waren verschlossen. Für immer. Als der Wolf seinen letzten Atemzug machte, hörten die zwei Wölfe das heulen der zwei jungen Wölfe, Blakka und Sternauge und das heulen Kithas. Es bedeutete: Wo seid ihr? Die beiden Wölfe begannen zu heulen. Ein trauriges Lied, das verkündigen sollte, einer von uns ist zum Himmelreich gegangen. Bato und Tokan schauten noch einmal zum toten grauen Wolf, dann schlichen sie durch das hohe Gras. Bedacht machten sie einen Schritt nach dem anderen. Grillen zirpten, Füchse huschten und der Fluss Tugar Jan der im Tal sich träge durchzog, plätscherte. Bato und Tokan störte es nicht. Sie mochten dass Gezirpe der Grillen und das plätschern des Flusses. Tokan und Bato liefen in der nähe des Flusses vorbei, tranken etwas von dem klaren Wasser und rannten weiter. Bato liebte es zu laufen. Seine Pfoten berührten nur kurz den Boden, dann sprang er auf und zog sich wieder zusammen. Für einige Minuten vergaßen sie die Blutwölfe. Tokan und Bato verhielten sich wie kleine Welpen. Im Spiel versuchte Tokan, der hinter Bato lief, den Schwanz zu erhaschen und zwickte ihn ins Ohr wenn er an ihm vorbeilief. Bato bleckte seine Zähne und biss Tokan leicht in den Schwanz. Bato raste an ihm vorbei und streckte frech die Zunge zu ihm raus. Tokan bellte fröhlich und versuchte ihn wieder zu überholen. Einmal fiel Bato in den Fluss, aber das machte ihm nichts. Er zog sich mühelos wieder an Land und schüttelte sich einmal kurz, dann lief er weiter. In der Ferne sah er schon Kitha, die schon wieder zum heulen beginnen wollte. Bato kläffte zu Kitha. Kitha sah zu ihm. Er lief schneller und schneller und wollte Tokan überholen. Sein frecher Blick raste an Tokan vorbei und verschwand auch bald wieder. Bato war bei der Birke, währenddessen Tokan noch hinterher schlenderte. Mit heraushängender Zunge und müden Augen fiel er um. „Gewonnen!“, kläffte Bato schelmisch und stand neben Kitha. Kitha lächelte. Bato mochte ihr lächeln. Tokan stand auf, begrüßte Kitha mit Zungenschleckern und wurde wieder ernster. Ein Fuchs jagte eine Ratte und beobachtete die Wölfe. Batos Blick wurde auch wieder etwas ernster und schaute zu Kitha. „Wir waren bei den Wolf der das heulen von sich gab“, begann Tokan zu sprechen. Kitha lächelte wieder ein wenig. Ihr weißes reines Fell leuchtete in der Nacht. „Er war verletzt“, kläffte Bato weiter. Kithas lächeln verzog sich wieder. Der Fuchs der sie in der Ferne beobachtete, verzog sich wieder im Gebüsch. „Er wurde von Blutwölfen getötet. Der Wolf, Tekor, sah Rothuf“, bellte Tokan und sein spielerisches lächeln verschwand. Die Jungwölfe Blakka und Sternauge, verkrochen sich hinter Kithas Beinen. Sie waren zwar schon fast erwachsen, wussten dennoch dass mit den Blutwölfen nicht zu spaßen ist. „Rothuf? Der Anführer der Blutwölfe?“, fragte Kitha und legte den Kopf schief. „Ja, so ist es“, jappte Tokan mit etwas trauriger Stimme. Das Zirpen der Grillen verstummte. Wind wehte über das dunkle Tal und ließ die Bäume und das Gras rascheln. Sternauge stand auf. „Rothuf? Wie sieht er aus?“ „Er hat rote flammende Hufe, schwarzes Fell und immer böse blickende Augen, erzählte Tekor“, antwortete Bato zu Sternauges Frage. Kithas Fell schien zu kämpfen, wenn starker Wind wehte. Blakka gähnte. Seine Augen waren halb geschlossen. Sein Kopf senkte sich auf seine schwarzen Pfoten. Er war ganz schwarz, nur sein weißes Ohr war in der Nacht zu erkennen. Tokan schielte zu ihm. Er war bereits eingeschlafen. Der Fluss Tugar Jan floss schneller. Das Wasser krachte gegen Felsen und hüpfte manchmal über niedrige Baumstämme. Kitha legte sich neben Blakka. Sie schleckte ihm um die Schnauze. Als Kitha aufhörte ihn zu lecken legte sie sich eingerollt auf ihre Pfoten. Kitha beendete das Gespräch mit einem kurzen Gute Nacht. Sternauge legte sich neben Bato. Gähnend fiel sie auf das hohe Gras. Tokans Augen schlossen sich. Er erinnerte sich als er ein junger Wolf war. Seine Mutter, Assara, schleckte ihm auch immer die Schnauze. Doch eines Tages verschwand sie mit den ganzen Beta und Omegawölfen. Nur Tokan und sein Vater waren noch im Tal. Tokan öffnete wieder die Augen. Er fühlte sich plötzlich allein. Sein Gesicht verzog sich traurig. Ein Dachs spazierte mit seinen kleinen Jungen den Waldrand entlang und bemerkte Tokan nicht. Das zirpen der Grillen kam wieder. Glühwürmchen kamen aus ihren verstecken. Sie leuchteten den verstorbenen den Weg zum Himmelsreich. Bato schlief nun auch. Tokan setzte sich neben die hohe Birke, der Kopf von ihm war weit gesunken. Seine Ohren zurückgestellt, seine Augen halb geschlossen. Er wollte einsam heulen, doch er würde die anderen wecken.
Er erinnerte sich noch wie sein Vater starb. In seinen Erinnerungen umgaben Flammen das Tal und sein Vater rettete Tokan das Leben. Aber er starb an einer Rauchvergiftung. Er sagte ihm er sollte ein neues Rudel suchen. Tokan fragte ihn wo seine Mutter war, aber sein Vater antwortete nicht. Blut rann Tokans Vater die Schnauze runter und als er seinen letzten Atemzug machte, fing Tokan an zu heulen. Er wanderte zu vielen Rudeln. Aber meistens war kein Platz mehr oder sie mochten Tokan nicht aufnehmen. So fand er irgendwann das Rudel im Tal der hundert Geister. Bato und Kitha hatten gerade Jungen bekommen. Es waren Sternauge und Blakka. Sie nahmen Tokan auf. Seitdem war Tokan nicht mehr allein. Er sah wie die Welpen langsam aufwuchsen und Tokan lehrte ihnen auch einiges. Jetzt sind sie Jungwölfe und können bald allein zur jagt gehen.
Tokan weinte leise und unhörbar. Träne für Träne. Eine Wolke versuchte den Mond zu überdecken, doch sie war zu klein. Sternauge erwachte. Sie sah Tokan. Sie schlich zu ihm. Tokan schielte sie an, lächelte ein wenig und schaute dann zum Himmel. Sternauge kuschelte sich an Tokans Fell. „Was hast du?“, winselte Sternauge. Die Bäume raschelten. Immer wieder hörten die Wölfe ein fiepen einer Maus oder das bellen eines Fuchses, das die Stille zerfetzte. „Ich weiß dass irgendwo im Himmel mein Vater ist, er heißt Foru.“ Sternauge schleckte ihm das braune Fell. Ihre warme Zunge tröstete Tokan ein wenig. „Foru war ein toller Vater. Er hat sein Leben für mich geopfert.“ Im Gebüsch hörten sie ein fauchen. Zwei Wildkatzen Streitteten sich um ihre Beute. Sternauge leckte im die Schnauze, wie Assara es immer tat. Der Mond schien hell. Als die zwei zum Himmel schauten, sahen sie das Gesicht von Tokans Vater. Groß, grau, stark. Neben dem Gesicht erschien plötzlich Assara. Braunes Fell, braune Augen, weiches Fell. Eine Stimme in Tokans Kopf sagte ihm: „Suche nach mir, Tokan.“ Es war das Erscheinungsbild von Assara. „Suche im Osten, im Tal der Grünen Wälder. Tokan stand auf. Er erinnerte sich an Tekor. Sternauge war verwirrt. Er nickte. Die Wildkatzen hörten auf zu streiten und schmiegten sich anmutig aneinander. Sie nahmen die Beute und verschwanden im Gebüsch. Tokan ging zu den anderen. Hinter ihm war Sternauge mit funkelnden fragenden Augen, ging sie ihm nach. Tokan drehte sich einmal im Kreis und setzte sich kurz hin, blickte kurz zum Sternenhimmel und ließ sich dann nieder. Sternauge blickte ihn besorgt an. „Mach dir um mich keine Sorgen“, flüsterte er zu ihr vertraut „Heute Nacht noch gehe ich nach Osten, Sternauge. Sag den anderen sie sollen sich keine Gedanken über mich machen.“ Eine Träne rann Tokan über die Wange und tropfte dann herunter. Die Erscheinungsbilder im Himmel lösten sich auf. Tokan wurde trauriger. Sternauge ließ noch einmal die Zunge über seinem traurigen Gesicht ziehen und schlief dann auch bald ein. Auch sie weinte, weil sie wusste, dass es gefährlich im Osten war. Tokans Augen wachten bis Sternauge fest schlief. Um Mitternacht herum verließ er das Tal. Mit einem Blick zurück verschwand er hinter einem Hügel. Mit schnellen Schritten ging er über matschigen Boden oder kitzelndes Gras, sprang über Felsen und Baumstämme, dann war er eins mit der Dunkelheit eines kleinen Wäldchens. Als es fast Morgen war, hatte Tokan bereits ein anderes Tal durchquert. Es wurde ein wenig wärmer. Das Rudel erwachte. Sie streckten sich und begrüßten sich mit Zungenschleckern. Alle waren glücklich, bis auf Sternauge. Sie war traurig das Tokan weggegangen ist. „Hey, wo ist eigentlich Tokan?“, fragte Bato er drehte den Kopf hin und her und suchte verzweifelt nach ihm. Sternauge senkte den Kopf. Als man die letzte Eule nicht mehr hörte, kläffte Sternauge: „Tokan ist in den Osten gegangen um seine Mutter zu finden.“ Als Bato dies hörte gab er ein erschreckendes kläffen von sich. „Was?!“ Blakka blickte zu Sternauge. Sein Körper war angespannt. Bato vermisste den Blick seiner unheimlichen Augen. Kitha stimmte ein heulen an. Alle heulten mit, bis auf Sternauge. Sie senkte bloß den Kopf und winselte. Tokan hörte es zwar, aber er antwortete nicht. Das Geheul hieß „Komm zurück, Tokan!“ Tokan lief weiter. Immer näher zum Ziel, aber immer weiter weg von Kitha, Bato, Blakka und Sternauge. „Ich kann nicht mehr zurück“, jaulte Tokan und wanderte weiter ins Ungewisse. Er war unendlich Vorsichtig geworden. Sein linkes Auge zuckte wie immer. Aber diesmal traurig.
Thema: Re: Schatten der Wälder So Jan 10, 2010 6:43 pm
Danke aber es geht noch weiter :-)
Kapitel 2 Die Rückkehr der Wölfin
Einige Tage vergingen. Obwohl alle traurig waren, das Tokan fort war, pendelte sich alles wieder in den ganz normalen Wolfalltag: Jagen, neue Markierungen legen und das Tal bewachen. Sie vergaßen Tokan. Der Nebel hatte nun auch ihr Tal umschlossen. Es wurde kälter. An einem ruhigen Nachmittag lagen die Wölfe wieder mal unter ihrer geliebten Birke. Bato döste, Sternauge und Blakka fingen Käfer und Kitha wachte. Der Nebel versperrte ihr manchmal die Sicht, aber dann zog sich der Nebel wieder weiter. Das auf und abatmen von Bato war kaum zu hören. Im Dickdicht der Wälder huschte ein Eichhörnchen vorbei und versteckte seine Vorräte unter der matschigen Erde für den Winter. Kithas blaue Augen suchten immer wieder nach den Jungwölfen. In der Ferne hörte man leise das Heulen einer Wölfin. Eine bekannte Stimme war es, die die Wölfe hörten. Bato stand auf, streckte sich einmal kräftig und horchte. Seine schwarzen Ohren beweckten sich in die Richtung, von dem das heulen kam. „Serabi!“, bellte Blakka fröhlich. Seine Beine liefen in gleichmäßigen Schritten und folgten dem Heulen. Bato überholte ihn. Kitha verließ ungern den Platz, folgte aber dem heulen trotzdem. Sternauge raste hinter Blakka. Sie liefen nahe am Fluss Tugar Jan. Das Wasser floss schnell und fiel manchmal über kleine Vertiefungen und floss dann wieder weiter. Das Heulen erklang wieder und diesmal lauter. Die Wölfe waren der Wölfin näher gekommen. Tugar Jan plätscherte wild und überquerte die Grenze des Flussbeckens. Weil die Wölfe so nah am Rand des Flusses liefen, wurden die Pfoten nass und kalt. Das Wasser des Tugar Jan war zu jeder Jahreszeit kalt und im Herbst und im Winter besonders eiskalt. Blakka dachte seine Pfoten wären abgefallen, so kalt war ihm. Als sie im Nebel, schwach aber doch, eine Wölfin sahen, liefen sie schneller. „Serabi!“, schrie Sternauge und überholte alle. Sie leckte das nette Gesicht der Wölfin. Sie war die Mutter von Kitha und sehr weise. Neben ihr war eine Kornweihe, ein brauner Vogel mit hellbraunen Augen die noch gruseliger erschienen als Tokans Auge. Blakka kam zur alten Wölfin und stupste sie mit seiner Nase. Der Wind wehte und blies den Nebel ein wenig weg. Die Wölfe begrüßten sich mit Nasenstupsen, Zungenschleckern und leichten bissen in die Schnauze. Serabi sagte: „Ich bin froh, das ich wieder hier bin!“ Blakka lächelte. „Aber wo ist Tokan?“ „Tokan ist in den Osten gegangen um seine Mutter zu suchen“, antwortete Sternauge. Die Kornweihe zupfte Serabi das Fell. Serabi wirkte ein wenig besorgt, aber sie hebte dann wieder den Kopf. Die Baumäste berührten sich wenn Windstöße kamen. „Komm gehen wir zur Birke, hier ist kein guter Ort zum wieder sehen!“, meinte Kitha und ging schon voraus. Bato lächelte und nickte. Die Wölfe kamen wieder zum Fluss Tugar Jan, tranken etwas, gingen wieder weiter und sahen auch bald dann die Birke. Die Kornweihe, Migra, flog über ihren Köpfen und strich manchmal mit den Flügeln über Sternauges und Blakkas Kopf. Serabi war alt und konnte nicht so schnell gehen, deswegen kamen sie diesmal nicht so schnell zum Ziel. Nur Blakka rannte immer wieder nach vor, setzte sich hin, wartete auf die anderen und lief dann wieder weiter. Manchmal sahen die Wölfe das vorbeirasen einer Maus oder das rascheln von Laub, indem sich Igel versteckten. Serabi nahm alte Gerüche wieder auf und erinnerte sich an alte Zeiten, wob selbst sie noch ein Welpe war. Als sie bei der Birke waren, ließ sich Serabi nieder. Ihr Körper entspannte sich vom Wochenlangen gehen ohne Pause. Blakka machte eine rolle und stupste mit den Vorderläufen Serabis Rücken an. Freundlich wedelte er mit der Rute hin und her. Serabi lächelte. Sternauge zwickte ihn am Ohr. Lauthals ließ Blakka ein kläffen von sich und stürzte sich, mit den Vorderpfoten voraus, auf Sternauge und purzelte über sie hinüber. Neben Serabi lag Kitha und neben Blakka und Sternauge, Bato. Serabi schnaufte. Ihr hecheln dampfte in der Luft. Kitha war kaum erschöpft, stand auf, stupste Blakka und Sternauge damit sie aufhörten zu streiten, knurrte kurz und legte sich wieder neben Serabi und Bato. Blakka zeigte Sternauge noch die Zunge und tappte zu Bato. Sternauge lag sich neben Serabi. „Blödmann!“, knurrte Sternauge Blakka noch nach. Serabi schubste Sternauge. Migra, die Kornweihe landete auf der Schulter von Kitha und ließ ein freundliches Kreischen von sich. Bato begann: „Wie war es im Land der warmen Sonne?“ Serabis blick wendete sich zu Bato. „Es war schön dort! Ugamo, der Leitwolf, erinnerte sich an mich und ich durfte einige Tage bei ihnen bleiben und ihnen Geschichten erzählen.“ „Und wie war der Weg dorthin?“, fragte Kitha. „Der Weg war beschwerlich!“, knurrte Serabi „Weil Blutwölfe den leichten Weg versperrten, musste ich den weg über die Berge gehen. Als ich zu euch zurückkommen wollte, erwischte mich einer der Blutwölfe.“ Das Rudel hielt gespannt inne. Die Sonne sah man kaum unter den ganzen Nebel. Eine Maus raste vorbei. Blakka hielt den langen schuppigen Schwanz mit den Pfoten fest und spielte mit ihr. Die Maus rief nach Hilfe. Bato schubste Blakka und ließ die Maus aus seinen Pfoten fliehen. Alle Augen richteten sich auf Blakka. Blakka winselte und hielt wieder inne. „Also, wo war ich noch mal? Achja! Der Blutwolf griff mich an, aber ich hatte mehr Kampf Erfahrung und biss den Wolf in seine Kehle. Tja, man legt sich besser nicht mit einem erfahrenen Wolf an sonst kommt der Tot sie holen!“, Serabi grinste und lachte. Ihre Augen schienen mitzulachen. Blakka war inzwischen unbemerkt zum Fluss Tugar Jan getappt. Durstig schlapperte er das kalte Wasser. Hinter sich hörte er ein knurren. Vorsichtig drehte er sich um. Sternauge hatte ihm gefolgt. „Was machst du da, Blakka? Wir sollten doch nicht alleine weggehen, wegen den Blutwölfen!“, knurrte Sternauge zornig. Tugar Jan floss wild und trieb Äste und Blätter mit. Die erwachsenen Wölfe erzählten sich immer noch Geschichten und merkten noch immer nicht dass die Jungwölfe weg waren. Blakka lachte frech. „Jetzt bin ich doch nicht mehr allein!“ Blakka grinste schelmisch und schleckte sich die Wassertropfen von der Nase. Sternauge war unbeeindruckt. Blakka stieß Sternauge in den Fluss. Erschrocken kläffte sie und krallte sich wieder hoch. Starr blieb sie stehen. Blakka lächelte und musste lachen. Ihr Pelz wurde schwer und hing herunter. Als Sternauge wieder zu sich kam, starrte sie Blakka zornig an. Sie fletschte die Zähne und ein herausforderndes kläffen kam aus ihrem Maul. Blakka sprang auf. Sternauge rannte ihm nach. Blakka floh vor Angst. Hin und wieder hörten die Wölfe ein knurren aus dem Gebüsch. Es waren Füchse. Der kalte Wind ließ Sternauge erkälten. Die beiden Wölfe rannten in den Wald, liefen Zick Zack durch die Bäume und sprangen über umgefallene Baumstämme. Sternauge zog die Lefzen noch höher und ließ ihre Beine schneller laufen. Blakka verschnellte auch seine Geschwindigkeit und blickte hin und wieder mal zu Sternauge, die ihn böse anknurrte. Aus Blakkas Kehle kam ein lautes kläffen und winseln als Sternauge ihm am Schwanz zwickte. Er blieb stehen. Sternauge rutschte aus, fiel auf dem matschigen Boden und krachte an Blakka. In ihrem Maul hatte sie noch immer den Schweif von Blakka. Blakka musste lachen als er Sternauge sah. Ihr weißes Fell war braun, überhaupt am Bauch. Blätter klebten an den Lenden und auf ihrer Schnauze war eine kleine, ungefährliche Wunde. Sternauge stand auf, Augen auf Blakka gerichtet mit aufgerissenem Maul und biss Blakka in den Schwanz. Sie begannen sich zu balgen. Immer wenn einer der Jungwölfe den Schwanz des anderen erwischte, bellte derjenige auf. Man hörte schon Eulen, ganz leise aber hörbar. Füchse huschten knapp an den Wölfen vorbei, aber sie merkten es nicht, so tief waren sie ins spielen versunken. Der Nebel wurde dichter. Erst als sie mit dem balgen aufhörten, merkten sie das sie sich in einem unbekannten Teil des Tales verirrt hatten. „Wo sind wir?“, winselte Blakka. Auf seiner Nase waren leichte Kratzer von Sternauges Krallen abgebildet. „Wir haben uns verirrt!“, jaulte Sternauge und stand auf, schaute sich um und witterte. Die Wölfe heulten, aber der feuchte Nebel ließ das Heulen unhörbar machen. Blakka schritt nach Westen. Sternauge folgte ihm. Unbekannte Gerüche drangen ihnen in die Nase. Mäuse krabbelten auf dem Boden. Furchtlos rannten sie manchmal über die Pfoten der Wölfe. Unter den ganzen Mäusen war eine Ratte zu sehen. Sie war ganz grau und war deutlich größer als die Mäuse. Die Ratte kletterte das Bein von Blakka rauf. Er schrie auf. „Was ist los?“, fragte Sternauge ihn Wahn. Blakka schüttelte sich, aber die Ratte ließ sich nicht abschütteln. Die Mäuse verschwanden in ihren Höhlen vor Schreck. „Halt, hör auf, bitte!“ fiepte die Ratte „Es tut mir Leid, es tut mir Leid!“ Blakka hörte sich auf zu schütteln und drehte den Kopf zur Ratte. Sternauge kam näher. „Was willst du, Maus?“, knurrte sie. „Maus? Ich bin eine Ratte bitte!“ „Oh Entschuldige Herr Ratte aber du siehst so aus wie eine Maus!“, knurrte Sternauge. „Jetzt reichts dann helfe ich euch eben nicht!“, quietschte die Ratte und zwickte Sternauge in die Nase. Die Ratte kletterte das Bein von Blakka herunter, äugte die beiden noch mal an, dann krabbelte er weiter. „Halt warte! Meine Schwester, Sternauge, ist doch nur ein bisschen dumm, bitte hilf uns!“, jaulte Blakka zur Ratte. Sternauge schielte böse zu ihm und zog ein wenig die Lefzen hoch. „Ein bisschen“, kicherte die Ratte ungläubig „sehr dumm trifft´s eher!“ Blakka und die Ratte lachten. Das lachen der Ratte hörte sich wie ein fiepen an, Blakkas lachen wie jaulen und bellen. Die Ratte sprang wieder zu Blakka und stellte sich auf zwei Beine. „Mein Name ist Rattata und du?“ Rattata legte den Kopf schief. „Ich bin Blakka und das ist Sternauge.“ „Ich habe euch die ganze Zeit beobachtet, ihr sucht eure Birke, nicht wahr? Ich weiß wo sie ist. Wir müssen da sein bevor es Nacht ist. Denn es ist gefährlich in der Nacht noch herumzulaufen.“ „Wieso?“, fragte Sternauge. „Die Blutwölfe gehen zu dieser Zeit jagen. Es sind zwei ganz schwarze und ein Blutwolf mit roten Hufen, der Anführer Rothuf. Ich habe gesehen.“ „Gut beeilen wir uns!“, kläffte Blakka, wartete bis Rattata vorgelaufen ist, dann rannte er ihm nach. Die Ratte rannte so schnell wie die Wölfe. Sie kamen wieder an bekannten Bäumen und Sträuchern vorbei. Rattata blieb immer wieder stehen und horchte. Seine kleinen Ohren hörten genauso gut wie diese der Wölfe. Sternauge roch schon das feuchte Holz der Birke. Blakka rann Blut über die Schnauze. Ein Ast hatte ihm an den Lefzen aufgekratzt. Sternauge lief schneller. Rattata hüpfte richtig und kletterte dann auf Blakkas Rücken. Die Ratte konnte sich kaum anhalten, so schnell rannte Blakka. Sternauge war ihm weit voraus und blickte manchmal nach ihm. Kitha rannte ihnen entgegen. Vor ihr blieb Sternauge stehen und koste sie. Blakka kam auch bald. Er schnappte hechelnd nach Luft. „Wo ward ihr?“, fragte Kitha. Tugar Jan plätscherte wieder laut. „Es ist alles meine Schuld! Hätte ich Blakka nicht nachgelaufen wäre das ganze nicht passiert!“, jaulte Sternauge. Kitha starrte zu Sternauge. „Nein das kann nicht sein, mein Mädchen das so gute Manieren hat!“, kläffte sie endsetzt. Sternauges weißes Fell war braun, voller Matsch und manchmal klebte auch ein Blatt auf dem Matsch. Entschlossen kam Blakka näher. „Nein es ist nicht ihre Schuld, Mutter.“ Kithas Blick wanderte schnell zu Blakka. „Ich habe sie in den Fluss Tugar Jan gestoßen. Es ist nicht ihre Schuld, glaub mir!“ „Oh Blakka!“, jappte Sternauge und stupste ihn mit der Schnauze. Kitha witterte etwas Seltsames. Sie umkreiste die beiden und ihre Nase folgte dem Geruch und blieb bei Blakkas Rücken stehen. Blakka drehte den Kopf zum Rücken. Sternauge drehte sich auch um und lächelte. Kithas Nase berührte einen grauen Pelz. „Man das war ein wilder ritt! Noch mal!“, sagte das graue Pelzwesen. Kitha hob den Kopf erschreckt. „He was klotzt du so, Wolf? Du riechst auch nicht viel besser!“ „Das ist Rattata, er hat uns geholfen zu unserer Birke zu kommen!“, sagte Sternauge. Kitha wich zwei Schritte zurück und starrte mit dem Blick zur Ratte. „Keine Angst, ich beiße nicht, ich zwicke nur!“, fiepte Rattata und sprang den Rücken herunter. „Und mit wem hab ich den das Vergnügen?“ Kitha lächelte zuerst, dann begann sie zu lachen. „Ich bin Kitha, die Mutter der beiden und Alphawölfin des Rudels!“ „Ihr habt ja ganz reizende kleine Wölfe! Darf ich auch den Rest des Packs kennen lernen?“ Kitha lachte wieder. „Ja klar!“, kläffte sie und tappte im Gleichschritt zum Rudel. „Ah! Sternauge, Blakka! Ich habe euch vermisst!“, bellte Bato und rannte zu ihnen. Er stupste die Nasen der Jungwölfe und schleckte die dreckigen Gesichter. Dann setzten sie sich alle im Kreis ins feuchte Gras. Es war inzwischen Nacht und Kartar, der Mond, wachte über das Tal. Migra, die Kornweihe, hüpfte zu Rattata, wollte ihn schon schnappen aber Kitha schützte ihn mit der Pfote. „Hey was soll das?“, krächzte die Kornweihe. „Habe ich mich auch gerade gefragt, Vogelhirn!“, fiepte Rattata. „Das ist Rattata, der Retter unserer Jungen. Ohne ihm hätten unsere kleinen nie den Weg zurückgefunden!“, kläffte Kitha und zog die Zunge über das struppige Fell der Ratte. „Ach das war doch gar nichts!“, sagte Rattata verlegen. Die Jungwölfe leckten ihn und stupsten ihn an seiner Nase. „Aber wisst ihr ich habe keine Familie mehr. Alle sind von Sperbern gefressen worden. Erlaubt ihr mir bei euch zu leben?“ Kitha flüsterte Bato einiges ins Ohr. Kitha nickte und ging rückwärts zu ihrem Platz zurück. „Ja Rattata, du darfst bei uns bleiben!“, kläffte Bato. „Ja!“ schrien die Jungwölfe im Chor und sprangen auf. Auch Rattata sprang auf. Sogar Migra freute sich. Serabi lächelte und legte sich auf ihre Pfoten und schlief ein. Kitha und Bato legten sich unter die hohe Birke. Rattata, Blakka und Sternauge legten sich in die Nähe von Bato und Kitha. Alle schliefen und Kartar, der Mond wachte in seiner vollen Pracht. Rattata lächelte im schlaf. Endlich hatte er ein Zuhause wo ihn alle mögen, sonst wurde er immer gejagt.